Skulpturenpark – Die Galerie

Nachdem wir den Garten durch das Treppenhaus verlassen haben, betreten wir die Galerie und unser Blick fällt sogleich auf „die Küchengruppe“. Sie hat ihren Platz auf dem Rand der Dunstabzugshaube über dem Herd. Die Gruppe steht hier einerseits in dem örtlichen Zusammenhang mit dem Herd und andererseits wird hier die Position einer Empore genutzt. Die rechte Figur des „Topfguckers“ offenbart dies sofort. Hier wird deutlich, dass diese Figur nur hier stehen kann.

„Die Küchengruppe“
„Küchengruppe“ mit „Topfgucker im Vordergrund

Der „Topfgucker“ ist passiv und beobachtet das Geschehen auf dem Herd und in den Töpfen. Er soll vor dem Überkochen der Suppe warnen und die Gewürze im Auge behalten. Wir trauen dieser Figur jedoch diese Aufgabe nicht so recht zu. Mit der Kleidung eines älteren Mannes hätte er zwar die Souveränität dazu, er wirkt jedoch sehr verträumt und dieser Welt abgeschieden.

„Die Emporsteigende“

Links liegt die Figur der „Emporsteigenden“. Sie liegt mit dem Oberkörper auf der Empore und wir können kaum abschätzen, ob sie die Empore erklimmen möchte oder ob sie sich herablassen will. Sie wirkt erschöpft. Wir haben das Gefühl, dass sie da ja nicht in dieser instabilen Position bleiben könne und würden ihr gern helfen.
Damit bringt sie im Gegensatz zum „Topfgucker“ viel Unruhe in die Gruppe. Wir wollen Sie immer im Auge behalten, damit wir die Hand darunter halten können, falls sie abstürzt.

„Der Grüßende“

Mittig sitzt „der Grüßende“. Er ist abgerückt vom Herd und richtet seine Aufmerksamkeit zu einer anderen Stelle im Raum (siehe „Der Springer“). Er könnte etwa gleichen Alters wie der „Topfgucker“ sein. Er wirkt jedoch aktiv in Kommunikation mit anderen und nutzt seine hoch gelegene Position, um im Raum diese Funktion ausüben zu können.

Die drei Figuren wurden von Frau Höfer spezifisch für diesem Platz geschaffen. Der Platz an einem Herd hat immer eine Ausstrahlung. Dies gilt insbesondere, wenn die Küche nicht als singulärer (Neben-)Raum konzipiert ist sondern Teil eines größeren Aufenthaltsraums ist.

Küche im Haus Claude Monet in Giverny

Er erfüllt einerseits praktische Funktionen. Er soll aber auch für die häufig längeren Aufenthalte dort für die Nutzer einen Wohlfühlcharakter bieten. Damit ist diese Galerie-Küche diesbezüglich etwa vergleichbar mit der Küche des Hauses von Claude Monet. Während in Giverny die Töpfe, Pfannen, usw. wie Kunstwerke in der Küche drapiert sind, so hat die Künstlerin in der Villa Zandoli mehr als 100 Jahre später in der Anpassung an heutige Küchenausstattungen die Küche als Ort der Kunst und Begegnung ausgestaltet.

Wir gehen ein paar Schritte weiter und drehen uns im Galerieraum um. Auf einer Schrankempore sehen wir die Figurengruppe „die Wanderer“. Sie besteht aus den zwei Figuren „Susi“ und „Karl-Heinz“. Es sind kleine Tonfiguren, dieses mal sind sie farbig.

„Die Wanderer“

Hier kommt es auf die Perspektive an. „Susi“ ist ein aufgewecktes Mädchen, dass als Wanderin durch die Lande geht und dabei aufmerksam uns als Besucher (sofern wir vor ihr stehen) anschaut. Anderenfalls könnte es aber auch eine Katze o.ä. sein, was auf ihrem Wanderweg vor ihr liegt. „Susi“ wirkt dabei sehr selbständig, da sie nicht die erwachsene Nachbarperson im Auge behält sondern vielmehr ihren eigenen Weg gehen möchte. Durch die Darstellung der Figur im Gehen mit Bewegungen der Arme kommt eine Lebhaftigkeit in die Gruppe. Wir wüssten gern, welchen Weges die Beiden gehen und würden gern ihr Ziel kennen. Mit Kenntnis der Familientradition der Künstlerfamilie Höfer wissen wir, dass es sich um einen der vielen regelmäßigen Spaziergänge in der Rhön handelt.

„Die Wanderer“

„Karl-Heinz“ hat seine Aufmerksamkeit nach oben gerichtet. Sofern ihn seine Wanderung durch die Rhön führt wird es sicherlich einer der Segelflieger sein, die er verfolgt. Hier in der Galerie der Villa Zandoli ist es jedoch ein Objekt oben an der Wand (siehe „Der Springer“). Unverkennbar ist hier auch die Figurenverwandtschaft zum „Topfgucker“. Beide sind etwa gleichen Alters, ähnlich gekleidet und stehen in der Galerie auf gleicher Höhe.
Mit den Händen in der Tasche drückt „Karl-Heinz“ viel Gelassenheit aus. Es regt ihn nicht auf, was er oben an der Wand sieht und auch die Lebhaftigkeit von „Susi“ an seiner Seite scheint er gewohnt zu sein.

Diese Gestaltung spiegelt auch die Atmosphäre in der Galerie. Überall gibt es Details zu sehen, Wir wollen stehen bleiben und hier und dort hin schauen. Und diese Vielfalt ist es andererseits auch, die uns wie „Susi“ antreibt, ein paar Schritte weiter zu gehen und uns dem nächsten Kunstwerk oder der hervorragenden Aussicht aus den Fenstern zuzuwenden.

Wieder gehen wir ein paar Schritte weiter und stehen nun von einem Schrank, der aussieht wie ein alter Tresor. Auch hierauf steht eine Gruppe Figuren – „die Tresorgruppe“. Auch hier wirkt die Höhe wie eine Empore.
Die Gruppe besteht aus den drei Figuren „Peter“, „Lucy“ und „Edeltraut“. Es sind kleine Tonfiguren in den original Ton-Farben.

„Die Tresorgruppe“
„Peter“

Ähnlich wie der Wanderer „Karl-Heinz“ schaut „Peter“ in die Luft. Peter ist jedoch viel jünger als „Karl-Heinz“. Hier in der Galerie der Villa Zandoli scheint auch „Peter“ auf ein Objekt oben an der Wand zu schauen. Hier sehen wir den Zusammenhang in der Gruppe. Peter hat die Hände in den Taschen und nichts anderes zu tun als zu schauen.

„Lucy“

„Lucy“ und „Edeltraut“ hingegen haben ihre Tätigkeiten kurz unterbrochen, um ebenfalls das Objekt oben an der Wand zu betrachten. „Lucy“ ist eine Leserin, die kurz von ihrem Buch aufschaut. Man müsste meinen, dass „Lucy“ nach dem Buch zuerst zu uns, den Besuchern
schaut, aber nein, ihre Aufmerksamkeit gilt Anderem. Allen dreien ist ein lässiger Ausdruck eigen. Sie lassen sich von uns nicht stören.

Entgegen der Figur der „Emporsteigenden“, die auch ihre Beine über der Kante hat und damit Unruhe ausdrückt, so hat die Künstlerin es hier geschafft, Lässigkeit und Sicherheit zu projizieren. Sicher hat das aufgeschlagene Buch dazu beigetragen.

„Edeltraut“

Edeltraut hat gerade Ball gespielt. Sie hat sich hingesetzt um sich zu entspannen, den Ball unter einen Fuß geklemmt und schaut ebenso zum Objekt an der Wand.

Die Figuren der Dreiergruppe ähneln sich derart, dass wir davon ausgehen, dass sie Geschwister sind. Ausdruck, Haltung und Kleidung vermitteln diesen Eindruck.
Die Figurengruppen dieses Raumes wurden klein gehalten, damit der Besucher sich von ihnen nicht dominiert fühlt. Wären sie größer, so würden sie in ihrer Position auf Höhe oder über unseren Köpfen eher ein Unwohlsein bringen. Die Figuren sollen ja auch nicht einzeln die Galerie dominieren, sondern die Besucher sollen auch die Gänze des Raums und ihre Einrichtung genießen.

Nun können wir nicht mehr widerstehen. Nachdem wir bei den letzten drei Figurengruppen immer wieder gesehen haben, dass es Kommunikationen zwischen den Figuren gibt, gilt es, die Zentralfigur zu finden, auf die sich die Blicke und Grüße der Anderen ausrichten. Sie muss sich weit oben in der Galerie befinden, da sich die Blicke der anderen Figuren, die bereits auf Emporen stehen, nach oben richten.

An der Nordwand der Galerie, in einer kleinen Nische der Backsteinwand finden wir „den Springer“ auf einem Sprungbrett. Er steht bereits vorn auf dem Sprungbrett, hat seine Arme nach hinten geschwenkt und ist auch bereits zum Sprungansatz in die Knie gegangen.
Wo springt er hin ? Einfach in den Raum oder hat er es auf uns abgesehen ?

„Der Springer“

Nachdem die Figuren der anderen Gruppen uns praktisch ignoriert haben (mit Ausnahme des kleinen Mädchens „Susi“) könnte es sein, dass hier der Springer uns und den Mitgliedern der anderen Figurengruppen seine Akrobatik zeigen will. Schaut er uns an ? Er wirkt sehr konzentriert und er weiß, was er tut. Wir haben dennoch das Gefühl, wir müssten uns unter ihn stellen und die Hände ausbreiten.

Die Figur an sich hat viel weniger Detailausdruck als die anderen Figuren in der Galerie. Hier will die Künstlerin den Sprung und die Interaktion im Raum betonen und weniger die Figurendetails. „Der Springer“ kann natürlich nicht mit den anderen Figuren im Raum Blickkontakt aufnehmen, aber es scheint, als wäre er sich durchaus deren Aufmerksamkeit bewusst.

Mit dieser Spannung im Raum schauen wir uns noch einmal die anderen Figurengruppen an. Wir gehen dazu zurück zur „Tresorgruppe“ und betrachten den „Springer“ aus deren Perspektive.

Die „Tresorgruppe“ blickt auf den „Springer“

Ja, „Peter“, „Lucy“ und „Edeltraut“ schauen auf den „Springer“.
Gerade noch standen wir direkt vor der Backsteinwand und haben den „Springer“ gesehen. Und jetzt aus der Perspektive der „Tresorgruppe“ sehen
wir auch die Faszination der ganzen Wand.

Jetzt bemerken wir erst das große Bild an der Wand, der Vogel des Digitalkünstlers H.-J. Schwardmann.
Es gibt der Wand und dem ganzen Raum etwas Leichtes und unterbricht damit
die Massivität dieser Backsteinwand.

Der „Grüßende“ grüßt den „Springer“

Wir sind uns dennoch sicher, dass die Figuren den „Springer“ ansehen und nicht das Wandbild, denn die Spannung im Raum deutet auf die kommende Attraktion, den Sprung. Hat das Wandbild des leicht dahinfliegenden Vogels eventuell einen Einfluss auf den Springer? Will er es dem Vogel nachmachen ? Ist er ein Akrobat oder ein Träumer? Die Selbstsicherheit und Gelassenheit der anderen Figuren beruhigen uns. Es wird schon gut gehen.

Die „Wanderer“ betrachten den „Springer“

Wir sehen uns noch einmal nach den anderen Figuren um und sehen, dass „der Grüßende“ den „Springer“ immer noch grüßt und ihm damit Mut machen will. Ebenso warten „die Wanderer“ noch immer auf den Sprung.
Wir selbst können jedoch nicht ewig auf den Sprung warten und wenden uns anderen Werken in der Galerie zu.

Wir betreten jetzt die Black Box. In dem dunklen Raum ist „die Brunnengruppe“, bestehend aus „Eva“, „Elvira“ und „Hans“, in Szene gesetzt. Die Figuren sind ohne Bemalung im Original des Tonmaterials gehalten.

„Die Brunnengruppe“

„Eva“ und „Elvira“ sind in Interaktion. „Elvira“ hat den Kopf gesenkt und ist anscheinend traurig. Demgegenüber ist „Eva“ in heiterem Zustand und scheint uns oder „Elvira“ etwas sagen zu wollen. Die tröstende Hand auf der Schulter von „Elvira“ macht die Situation noch deutlicher. Hier geht es darum, „Elvira“ aufzuheitern.

Wir gehen um die Brunnengruppe herum und betrachten nun „Hans“. Er sitzt „Eva“ und „Elvira“ abgekehrt und bekommt von der Situation hinter ihm nichts mit. Der Gesichtsausdruck und die Körperhaltung deuten an, dass
er in Gedanken ganz wo anders ist.
Wo mag dieser Brunnen stehen ? Welches Umfeld wirkt auf die Drei ein ? Als wir diesbezüglich nachfragen sind wir von der Antwort überrascht. Die Inspiration war gar kein Treff an einem Brunnen. Vielmehr liegt der Ursprung der Künstlerinneninspiration mal wieder in der Rhön. Dort steht eine Rundbank um eine Eiche, wo bei den jährlichen Spaziergängen immer wieder Rast gemacht und einander so manch tröstendes Wort gesagt wurde.

„Die Baumgruppe“

Wir gehen in der Black Box weiter zur nächsten Skulptur. Hier sitzt „Gustav“.
„Gustav“ sitzt zurückgelehnt auf einem Stuhl und schaut uns an, als hätte er nur auf uns gewartet.
Aufmerksam aber abwartend bleibt er sitzen, während wir ihn umrunden.
Wir wundern uns über seine Kleidung, weit und abgetragen und seine für uns
doch unbequem wirkende Haltung.
Hat er irgend etwas zu tun mit der „Brunnengruppe“ ? Er könnte ihr Vater
sein. Wie alt mag „Gustav“ sein ?

„Gustav“

Sicherlich wäre er nicht allein auf weiter Flur. Er könnte sich vielleicht das Treiben auf einem Markt ansehen oder seinen Freunden zuschauen. Wir erinnern uns. Gibt es nicht das berühmte Gemälde von Abraham Lincoln, der als Präsident in Pose auf seinem Regierungsstuhl sitzt ? Soll „Gustav“ eine Art Vorsitzender sein, der in seine Gefolgschaft blickt ?
Wir gehen zurück in die Galerie und schauen im Katalog nach. Hier erfahren wir, dass „Gustav“ eigentlich Gadenne heißt und das Original als Vorlage für diese Figur im Ort Graveline in Nordfrankreich steht und aus Metall gegossen ist.

„Gadenne“ aus Graveline

Damit beendet wir unseren Besuch der Villa Zandoli. Wir werden noch verabschiedet mit einem Lachen der Künstlerin (wo bei sich auch noch der Hausmeister ins Bild geschlichen hat) und verlassen nun das Haus, um uns später dem zweiten Ausstellungsgelände – dem Gecko-Haus – zuzuwenden.