Skulpturenpark – Das Gecko-Haus

Neben dem Ausstellungsgelände der Villa Zandoli nutzt die Künstlerin auch Teile des Außengeländes des Kasseler Gecko-Hauses. Das Gebäude mit seinem markanten Giebelgemälde ist schon von weitem zu sehen. Das Haus ist von üppigem Grün umgeben und je nach der Jahreszeit ist eine bunte Blütenpracht zu sehen.

Das Gecko-Haus

Bevor wir das Gelände betreten wagen wir einen Blick über den Zaun. Wir sehen gleich: Wir sind nicht allein sondern „Tim“ ist bereits da. „Tim“ hat den Sonnenplatz auf der Bank eingenommen und schaut auf die vorbegehenden Fußgänger. Sein wacher Blick lässt den Besucher nicht aus den Augen.

„Tim“

Wir fühlen uns beobachtet. Der Mund hat schon zu einer Anrede angesetzt als wolle er uns zu Abstand auffordern. Wir sehen aber gleich, dass er zu wirklicher Kommunikation nicht bereit ist, denn eigentlich hört er über seine Kopfhörer Musik. Er vermittelt uns den Eindruck, dass er durch unsere Gegenwart aus seiner entspannten Haltung aufgeschreckt wurde. Sein Hemd ist noch offen, er sitzt noch in die Bank zurück gelehnt, aber seine Hände sind schon bereit sich abzustützen und eine aufrechte Haltung einzunehmen.

Ist er hier auch ein Wächter des Geländes analog der „Schneckentöterin“ der Villa Zandoli ? Sicher nicht, denn die Erscheinung in kurzer Hose und offenem Hemd wirkt auf Besucher nicht Respekt einflößend. Vielmehr wird hier auch vermittelt, dass man sich Zeit lassen soll. Andere Sitzgelegenheiten im Garten laden die Besucher ebenso zum Verweilen ein wie hier „Tim“ die Sonnenbank in Anspruch genommen hat.
Natürlich ist der wache Blick auch ein Hinweis darauf, dass der Besucher auf dem Gelände des Gecko-Hauses stets unter Beobachtung steht, denn das Areal ist von mehreren Seiten einsehbar.
Der Platz auf der Bank neben „Tim“ ist hier noch leer. Hier sollte der Besucher wissen, dass diese Sonnenbank eines der Lieblingsplätze der Künstlerin ist, die hier so manches Buch schon gelesen hat und vielfach einen Schwatz mit vorübergehenden Passanten gehalten hat. Es sieht also so aus, als wolle die Künstlerin hier selbst gleich wieder Platz nehmen.

Die Inspiration zu diesem Werk fand die Künstlerin bei einem Gang durch einen öffentlichen Park in Havanna. Wo dort örtliche Künstler John Lennon auf einer Parkbank positioniert und über den auf der Bank noch freien Platz für Gäste zu einem Gedankengespräch mit John Lennoneinladen, kam der Gedanke, dies auf das eigene Ausstellungsgelände zu übertragen.

Es ist nun Zeit, den Garten des Gecko-Hauses zu betreten.

Gartenansicht des Gecko-Hauses

Wir gehen um das Haus herum und sehen in dieser Jahreszeit die Blütenpracht der Kletterrose. Der Blick verfängt sich in tausenden kleinen Blüten, die in Bündeln die Hausfassade bedecken. Das Auge ist kaum in der Lage, einzelne Blüten in der Menge der Blüten auszumachen. Dieser Schwarmeffekt lässt die Kletterrose als Ganzes als Kunstwerk erscheinen. Mit der Formgebung durch die Künstlerin wird fast das ganze Mauerwerk bedeckt. Der Blick aus dem Inneren des Gebäudes mit dem durch Rosenblüten umrandeten Fenstern muss einzigartig sein.

Aber wenden wir uns den Objekten im Garten zu. Die Natur im Garten und immer noch die suggestiven Einflüsse von „Tim“ im Kopf, hat uns ruhig werden lassen. Das begünstigt das Miteinander mit den Hummeln und Bienen an der Kletterrose aber auch mit den kleinen tierischen Wanderern im Rasen.

Wir sehen „Sabine“. Auch hier ist es wieder die Animation, sich gehen zu lassen, einfach sich hinzulegen und den Garten zu genießen. In der Korrelation zum Umfeld heißt es sogar: sich nicht von umherziehenden Enten stören zu lassen. Sabine könnte aus dem Badeteich im Nachbargarten gekommen sein und sich nun hier ausruhen und trocknen. Anschließend wird sie sich wahrscheinlich auf einen der hinten stehenden Gartenstühle setzen und am Tisch einen Imbiss zu sich nehmen.

Garten mit „Sabine“, „Karl & Karla“ und Entenfamilie

Auch bei diesem Werk steht der Ausdruck der Entspannung im Vordergrund und nicht Feinheiten der Oberflächen. In diesem Zusammenhang stehen auch die Farben. Kontrastreich werden die Elemente dargestellt, die Freizeit und Entspannung ausdrücken. Der Typus der Person „Die Badende“ wurde hier abgewandelt zur Entspannung nach dem Bade.

„Sabine“

Sabine ist aus gebranntem Ton und daher eine Sommerdekoration des Gartens. Im Vergleich zu den anderen Ganzjahreswerken wirken die Farben und Oberflächen wie neu.

Unsere Aufmerksamkeit richtet sich nun zu anderen Kunstobjekten im Garten.
„Karl & Karla“ sitzen im Rasen. Auf den nächsten Blick erkennen wir, dass sie nicht sitzen sondern in Schwimmreifen in der Dünung des Rasens driften.

„Karl & Karla“

„Karl“ geniest offensichtlich mit geschlossenen Augen sein Dasein als passiv
treibende Gestalt. „Karla“ nicht. Ihre Haltung und ihr Gesichtsausdruck vermitteln: „Ich will was von Dir“. Die in den meisten Werken der Künstlerin enthaltene Ruheposition wir hier nicht fortgeführt. Vielmehr finden wir hier eine „Karla“, die den „Karl“ wohl nicht in Ruhe lassen will sondern dringend einer Kommunikation bedarf.

Der aufmerksame Besucher denkt sich sofort: „Was will die nur von ihm?“ Es muss etwas dringendes sein, denn „Karl“ drückt eigentlich aus: „Ich genieße und möchte nicht gestört werden“. Oder hört er doch mit einem Ohr zu? Die Offensive von „Karla“, die sie im Drang zu „Karl“ fast aus dem Schwimmreif fallen lässt, berührt Karl wenig. Er bleibt in zurücklehnender Entspannungsposition und hält seine Augen geschlossen, um Kommunikation abzuwehren.

Die Stellung zueinander, die aufdringliche Nähe von Karla, das etwa gleiche alter und gleicher Personentypus in den Äußerlichkeiten lässt sofort die Annahme aufkommen, dies sei ein älteres Ehepaar. Verhalten sich ältere Paare so, dass sie selbst in einer anscheinenden Urlaubssituation so disharmonieren? Ist dies ein künstlerischer Ausdruck des Nebeneinanders in Arbeiterfamilien ? Mit der Mütze von „Karl“ und der Frisur von „Karla“ hat die Künstlerin eine klare gesellschaftliche Zuordnung getroffen.

„Karl“
„Karla“

Die Figuren sind seit Jahren in Wind und Wetter draußen in diesem Garten. Bei der näheren Betrachtung fällt auf, dass die Figur des passiven, genießenden „Karl“ bereits deutlich Moos und Algen angesetzt hat während dies bei der aktiven „Karla“ nicht der Fall ist. Wirkt diese Aufdringlichkeit von „Karla“ auch abschreckend auf Moose? Sucht sich die Natur stets einen Ruhepol, um wachsen zu können?
Die Künstlerin hat bei diesem Doppelwerk Beton als Material ausgewählt. Beton als Material für Schwimmreifen? Wir haben zuerst die Figuren als im Rasen driftende Objekte wahrgenommen. Der krasse Widerspruch vom Material zur Figur bzw. dem Umfeld passt hingegen zum Kontrast der passiven und aktiven Kunstobjekte. Selbstverständlich muss hier auch der Haltbarkeitsanspruch solcher Außenkunst beachtet werden.

Kunstwerk auf der Biennale 2007

Die erste Inspiration zu diesem Kunstwerk erfuhr die Künstlerin im Jahr 2007 beim Besuch der Bienale. Bei einem Spritz im Eingangsbereich der Gardini war eines der Kunstwerke im Blickfeld der Künstlerin und im Gespräch über diese Objekte mit der Bildhauerin Bele Kreis wurde die Materialwahl dieser Plastiken besprochen.

Kunstwerk in einem öffentlichen Park in Ohahu, Hawai

Beim Besuch eines öffentlichen Parks in Ohahu, Hawaii fiel der Blick auf zwei
Objekte, wo die in Venedig gesehene Formenlehre bereits in Beton umgesetzt war. Der Künstler (oder die Künstlerin) in Hawaii hat die Figuren auch in Schwimmreifen im Rasen positioniert. Dabei kann aber festgestellt werden, dass nach der dortigen Kultur die dargestellten Personen in aktiver Kommunikation sind. Hier kann sogar gesagt werden, dass die männliche Figur aktiver spricht als die weibliche. Die Künstlerin Frau Höfer hat bei ihrem Werk die Interaktion der beiden Figuren eingedeutscht bzw. dem deutschen gesellschaftlichem Rollenverständnis angepasst.

Im Anschluss an unser Studium der Kunst ums Gecko-Haus genehmigen wir uns noch eine Pause in der Ruhezone des Gartens bis in den Abend hinein.
Mit Eintritt des Dunkelheit wandelt sich dieser Kunstgarten noch einmal und
verabschiedet uns mit einem kleinen Farbspiel.

Auf Wiedersehen im Gecko-Haus und der Villa Zandoli.